Immobilien-Ratgeber - 24.05.2022

Beleidigungen oder körperliche Angriffe: Dürfen Sie fristlos kündigen?

Wenn ein Streit eskaliert, dann fallen manchmal böse Worte. Noch schlimmer: Jemand hat sich nicht im Griff und wird handgreiflich. In solchen Fällen können Sie kündigen – und zwar fristlos. Es ist Ihnen nicht zuzumuten, das Mietverhältnis nach so einem Vorfall weiter fortzusetzen. Oder doch? 

Vertrauensverhältnis zerstört

Die Gerichte urteilen recht eindeutig: Wenn Ihre Mieterin oder Mieter Sie beleidigt oder gar angreift, dann ist das unerlässliche Vertrauen zerstört. Sie müssen es sich nicht bieten lassen, herabgewürdigt oder körperlich angegangen zu werden. Auch unangemessene Bemerkungen wie „Halt die Fresse!“ rechtfertigen eine fristlose Kündigung.

In solchen Fällen müssen Sie nicht abmahnen. Denn der Verstoß ist derart massiv und lässt sich auch nicht dadurch wiedergutmachen, dass Sie in Zukunft nicht mehr beschimpft oder attackiert werden. 

Dabei ist jedoch eines zu beachten: Der Verstoß muss „schuldhaft“ sein. Demoliert Ihre Mieterin aus Rache Ihr Auto, rechtfertigt das die fristlose Kündigung. Hat Ihr Mieter jedoch Schwierigkeiten beim Einparken und touchiert Ihren Wagen, ist das kein Kündigungsgrund. 

Zeugen gesucht

Und es kommt noch etwas hinzu: Der Vorfall muss sich belegen lassen. Sie brauchen aussagekräftige Indizien oder Personen, die das bezeugen können. Wenn Ihre Mieterin oder Ihr Mieter den Vorfall abstreitet, wird Ihre Aussage allein nicht ausreichen, um eine fristlose Kündigung durchzusetzen.

Eine weitere Einschränkung: Haben Sie selbst dazu beigetragen, dass sich die Situation so aufgeschaukelt hat, wird das Verhalten Ihrer Mieterin oder Ihres Mieters in einem anderen Licht beurteilt. Sind Sie aggressiv aufgetreten, haben ebenfalls beleidigt, bedroht oder geschubst, wird zumindest die Schuldfrage anders beurteilt. 

 

Eskalation befürchtet? Nehmen Sie jemanden mit!

In vielen Fällen ahnt man schon vorher: Das Gespräch könnte unangenehm enden. Dann sollten Sie eine neutrale Begleitperson mitnehmen. Dies kann den Konflikt entschärfen. Vor allem aber haben Sie eine Person, die eventuelle Vorfälle bezeugen kann.

Auch Mitbewohnerinnen und Mitbewohner betroffen

Wenn sich nur eine Mieterin oder ein Mieter aggressiv verhält, dürfen die anderen Personen in der Wohnung wohnen bleiben? Immerhin haben die sich nichts zuschulden kommen lassen. Und doch müssen sie ebenfalls ausziehen. Denn der Mietvertrag besteht gegenüber allen. Teilkündigungen sind in solchen Fällen nicht vorgesehen. Das heißt auch: Ist es gar nicht Ihre Mieterin gewesen, die Sie beleidigt hat, sondern ihr Mitbewohner, so können Sie dennoch das Mietverhältnis fristlos kündigen. Denn Ihre Mieterin muss sich in diesem Fall das Verhalten ihres Mitbewohners zurechnen lassen.