Immobilien-Ratgeber - 18.05.2022

Was bedeutet die Sozialklausel?

Kündigen können Sie das Mietverhältnis nur, wenn Sie ein berechtigtes Interesse geltend machen können. Und Ihre Mieterin oder Ihr Mieter kann dieser Kündigung widersprechen, wenn sie eine unzumutbare Härte darstellt. Können Sie sich nicht einigen, entscheidet ein Gericht, welche Interessen schwerer wiegen. Hier erfahren Sie alles zur Sozialklausel.

Was ist eine unzumutbare Härte? 

Es sind unterschiedliche Härtegründe denkbar. Ist absehbar, dass Ihre Kündigung schwerwiegende Nachteile für Ihre Mieterin oder Ihren Mieter mit sich bringt? Dann könnte das ein Kandidat sein. Dabei können diese Nachteile finanzieller, gesundheitlicher oder auch sozialer Art sein. So kann es ein Härtegrund sein, wenn ein alter oder psychisch beeinträchtigter Mensch aus seinem gewohnten sozialen Umfeld herausgerissen würde. Oder wenn jemand schwer krank oder behindert ist und ein Umzug nicht zumutbar erscheint. Schließlich liegt auch ein Härtegrund vor, wenn „angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschafft werden kann“, wie es in § 574 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) heißt. 

Und noch etwas: Eine unzumutbare Härte kann auch entstehen, wenn einem Angehörigen oder einem Mitglied des Haushalts durch die Kündigung unzumutbare Nachteile entstehen würden. Zum Beispiel: Die schulpflichtigen Kinder sollen nicht mitten im Schuljahr die Schule wechseln müssen. Oder die Mieterin pflegt ihren hochbetagten Vater, der in der Nähe wohnt.

Übrigens: Bei einer fristlosen Kündigung oder wegen Verletzung des Mietvertrags kann sich Ihre Mieterin oder Ihr Mieter nicht auf die Sozialklausel berufen. 

 

Härtegrund mit aufschiebender Wirkung

Die letztgenannten Gründe haben es schon erkennen lassen: Manche Härtegründe bestehen nur zeitweise. So ist es gewiss eine erhebliche Zumutung, wenn Ihre Mieterin ausziehen muss, wenn sie ein Kind erwartet. Nach der Geburt wird der Härtegrund nicht mehr so stark ins Gewicht fallen. Oder aber wenn der Umzug nach dem Abschluss des Schuljahrs erfolgt, ist das eher zumutbar. In solchen Fällen haben die Härtegründe nur aufschiebende Wirkung und können die Kündigung nur hinauszögern und nicht verhindern.

Die Interessen werden gegeneinander abgewogen

Ein ganz entscheidender Punkt bei der Sozialklausel: Gründe, die Ihre Mieterin oder Ihr Mieter geltend macht, stehen nicht für sich alleine. Sie werden abgewogen gegen Ihre Interessen. So steht es auch im Gesetzestext. Die Härte, auf die sich Ihre Mieterin oder Ihr Mieter beruft, darf „auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen“ sein (§ 574 Abs. 1 BGB).

Das kann dazu führen, dass ein und derselbe Fall unterschiedlich bewertet wird – je nachdem, welche Unzumutbarkeiten Sie in die Waagschale werfen können. Einem älteren Mieter, der nicht mehr bei guter Gesundheit ist, will man einen Umzug nicht zumuten. Doch wenn es darum geht, einem noch älteren, noch kränkeren Menschen eine Wohnung zu verschaffen, dann ist es nicht unwahrscheinlich, dass der Mieter ausziehen muss. 

Verlangen Sie eine Begründung

Legt Ihre Mieterin oder Ihr Mieter Widerspruch ein, so sollten Sie fordern, den Widerspruch zu begründen. Dann können Sie in etwa absehen, was auf Sie zukommt. Allerdings sollten Sie wissen, dass keine Verpflichtung besteht, sich Ihnen gegenüber zu erklären.

Grundsätzlich gilt: Beruft sich Ihre Mieterin oder Ihr Mieter auf die Sozialklausel, brauchen Sie anwaltlichen Rat. Eine Fachanwältin oder ein Fachanwalt für Mietrecht vermag besser einzuschätzen, ob Sie mit Ihrer Kündigung durchdringen, die Chancen schlecht stehen oder ob es knapp wird.

Sie sollten auch wissen, dass Ihre Mieterin oder Ihr Mieter die Härtegründe nicht einfach nur behaupten kann, sondern belegen muss. Dies gilt vor allem für die Anstrengungen, angemessenen Ersatzwohnraum zu beschaffen. Wer drei Chiffreanzeigen schaltet und sich nur darauf beruft, dass man heutzutage ja gar nichts mehr findet, hat wenig Aussicht, Recht zu bekommen.