Immobilien-Ratgeber - 05.04.2024

Den Immobilienwert ermitteln, wenn Sie erben

Wenn Sie eine Immobilie erben, gibt es mehrere Gründe, weshalb Sie den Immobilienwert ermitteln müssen. Sie brauchen den Wert für das Nachlassgericht, für das Finanzamt und für Ihre Miterbinnen und Miterben. Wie gehen Sie vor? Brauchen Sie ein Wertgutachten? Oder reicht es, wenn Sie eine plausible Schätzung vornehmen? Wir klären auf.

Wenn Sie ein Nachlassverzeichnis erstellen

Im Nachlassverzeichnis werden alle Vermögenswerte und Verbindlichkeiten aufgelistet, die die verstorbene Person hinterlassen hat: Bankkonten, Wertpapiere, Mobiliar, Schmuck, Fahrzeuge und Immobilien sowie Schulden und Kredite. Dieses Verzeichnis müssen Sie erstellen, wenn Sie vom Nachlassgericht angeschrieben werden, wenn Sie einen Erbschein beantragen und wenn Sie eine Erbschaftssteuererklärung abgeben müssen. 

In diesem Verzeichnis müssen Sie nicht nur den geerbten Vermögensgegenstand benennen, sondern auch den jeweiligen Wert aufführen. Bei Bankkonten und Wertpapieren ist das einfach. Sie geben den jeweiligen Stand am Todestag an. Bei den übrigen Vermögenswerten reicht häufig eine plausible Schätzung. Allerdings prüft das Nachlassgericht Ihre Angaben nach, kann sie nach eigenem Ermessen korrigieren oder auch ein Wertgutachten verlangen. Letzteres wird der Fall sein, wenn sich der Wert von Laien kaum seriös abschätzen lässt (wie z. B. bei Kunstwerken, besonderen Antiquitäten oder sehr speziellen Immobilien, für die es keinen Marktpreis gibt, der sich leicht ermitteln lässt). 

Wie Sie den Immobilienwert plausibel schätzen

Dass Sie schätzen dürfen, bedeutet nicht, dass Sie den Wert nach Belieben festsetzen können. Vielmehr sollten Sie sich informieren, zu welchem Preis vergleichbare Objekte in der Gemeinde angeboten werden. Je nach Art und Ausstattung können Sie dann einen höheren oder niedrigen Preis ansetzen.

Sie können die Immobilie auch kostenlos bewerten lassen. Im Netz gibt es zahlreiche Anbieter, ob Baufinanzierer, Immobilienportale oder Maklerunternehmen, die eine solche kostenlose Bewertung ermöglichen. Abgefragt werden nur die Basisdaten. Und das Ergebnis wird Ihnen meist erst dann zugeschickt, wenn Sie Ihre Daten hinterlegt und/oder einen Beratungstermin vereinbart haben. Zwar bleibt die Bewertung an der Oberfläche, bietet aber einen brauchbaren Anhaltspunkt.

Es bringt im Übrigen nichts, einen möglichst niedrigen Wert zu schätzen. Die Nachlassgerichte verfügen über die Daten, zu welchen Preisen die Immobilien in der betreffenden Gemeinde verkauft werden. Ist Ihre Schätzung zu niedrig, setzt das Gericht den Wert selbst fest.


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Immobilienwert ermitteln: Kurz- oder Vollgutachten? 

Sie können auch einen freien Berater oder eine Beraterin beauftragen, für Sie ein Kurzgutachten zu erstellen. Das kostet ein wenig, doch müssen Sie selbst nicht schätzen und bekommen sehr schnell ein Ergebnis. Allerdings sollten Sie wissen: Solche Gutachten sind von sehr unterschiedlicher Qualität. Und sie werden vor Gericht oder auch von Banken in der Regel nicht anerkannt. Im Streitfall haben sie nicht mehr Gewicht als eine plausible Schätzung.

Daher empfiehlt sich in allen kritischen Fällen das Vollgutachten. Das wird von einem staatlich geprüften oder öffentlich bestellten und vereidigten Gutachter oder einer Gutachterin erstellt. Solch ein Gutachten liefert sehr viel genauere und verlässlichere Informationen. Es wird von Gerichten und Behörden anerkannt. Und wenn in der Erbengemeinschaft Uneinigkeit besteht, wie hoch die Immobilie bewertet werden soll, schafft so ein Gutachten Klarheit. Der Nachteil: Es kostet deutlich mehr. Und es dauert auch länger, bis es erstellt ist.

Immobilienwert ermitteln: Wann brauchen Sie ein Vollgutachten?

In manchen Fällen kommen Sie gar nicht darum herum, ein Vollgutachten (meist spricht man schlicht vom Wertgutachten) erstellen zu lassen, um den Immobilienwert zu ermitteln. Das ist der Fall, wenn

  • es das Nachlassgericht verlangt (was eher selten vorkommt),
  • es Uneinigkeit in der Erbengemeinschaft gibt (schon weit häufiger),
  • es eine Person gibt, die enterbt wurde und Anspruch auf ihren Pflichtteil erhebt (der Regelfall).

Pflichtteilsberechtigt sind nur die nächsten Angehörigen der verstorbenen Person. Vornehmlich handelt es sich um die Kinder aus früheren Ehen oder Beziehungen. Die sind im Testament nicht bedacht worden und können dann einen Antrag auf ihren Pflichtteil stellen. Dabei handelt es sich um einen Geldbetrag, der die Hälfte von dem beträgt, was ihnen nach der gesetzlichen Erbfolge zustünde. Da in solchen Fällen die Familienverhältnisse selten besonders harmonisch sind, verlangen die Pflichtteilsberechtigten meist ein Vollgutachten, um sicherzugehen, dass der tatsächliche Wert angesetzt wird. 

Immobilienwert ermitteln: Wie viel kostet ein Wertgutachten?

Die Kosten für ein Gutachten hängen von verschiedenen Faktoren ab. Vom Wert der Immobilie, aber auch vom Aufwand. Es gibt keine festen Sätze, das Honorar ist frei verhandelbar. Üblicherweise können Sie für ein Kurzgutachten zwischen 200 und 500 Euro rechnen. Bei einem Vollgutachten fallen zwischen 0,5 und 1,5 % des Verkehrswerts an. Sie können die Kosten reduzieren, indem Sie selbst die nötigen Unterlagen beschaffen und für das Gutachten zur Verfügung stellen: Grundbuchauszug, Bauzeichnungen, Grundrisse, Auszug aus dem Baulastenverzeichnis, Flurkarte, Teilungserklärung (bei einer Eigentumswohnung). Auch ist es möglich, im Vorhinein einen Pauschalpreis zu vereinbaren, um das Honorar vom Schätzwert zu entkoppeln. 

Die Kosten für ein Wertgutachten können Sie vom Wert des Nachlasses abziehen. Wer ein Wertgutachten verlangt, mindert auch den Wert der Erbschaft. 

Wie finden Sie eine geeignete Gutachterin oder einen Gutachter?

Die Gutachterin oder der Gutachter müssen „öffentlich bestellt und vereidigt“ oder „staatlich anerkannt“ sein. Nur dann dürfen sie ein gerichtsfestes Vollgutachten erstellen. Es gibt verschiedene regionale Verzeichnisse, auch Suchportale im Netz. Der zuverlässigste Weg: Sie wenden sich an die örtliche Industrie- und Handelskammer (IHK). 

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